Eine doppelt versteckte „versteckte“ Bibliographie in Edmund Edels „Der Witz der Juden“

 

Jürgen Gottschalk

 

Mit seiner Veröffentlichung aus dem Jahr 1909 hat Edmund Edel versucht, eine erste feuilletonistisch angelegte monographische Darstellung über den jüdischen Witz unter Benutzung des jüdischen Witzes in deutscher Sprache vorzulegen.

Das Buch kann durchaus als selten gelten, ist aber weltweit in etlichen Bibliotheken vorhanden. Sein Titel ist durch den Verfasser bewusst gewählt worden, handelt es sich schließlich um kein ausschließliches jüdisches Witzbuch, sondern um einen gedankenreichen Spaziergang durch die reichhaltige Landschaft des jüdischen Witzes und Humors, gewürzt mit mancherlei Beispielen aus dem von Edel bewusst weit gespannten Begriff vom Witz der Juden. Innerhalb seines Textes verweist er zwar in Stichworten auf seine eingestreuten literarischen Quellen hat jedoch leider keine Bibliographie des benutzten Schrifttums geliefert. Eine solche Bibliographie hätte vielleicht den Anspruch, als früheste deutschsprachige versteckte Bibliographie zum Thema „Jüdischer Witz und Humor“ zu gelten. Mit der hier versuchten  Rekonstruktion eines derartigen Literaturverzeichnisses erhalten wir innerhalb der Fußnoten zu diesem Beitrag einen Einblick in die deutschsprachige jüdische Witz- und Humorliteratur,, vornehmlich der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, soweit sie von Edmund Edel herangezogen wurde. Dazu ist anzumerken, daß es bis zum heutigen Tage keine auf jüdische Witz- und Humorliteratur ausgerichtete selbständig erschienene Bibliographie zu diesem Thema in deutscher Sprache gibt!

Da die alten Bücherlexika weniger als 50% des Gesamtumfanges der erschienenen deutschsprachigen Literatur erfassten und die z. T. als preiswerte Heftchen herausgegebenen Titel keine großen Überlebenschancen  in öffentlichen, wie auch in jüdischen Gemeindebibliotheken hatten, erscheint es aufgrund ihrer Seltenheit angebracht, nicht nur die Titel der von Edmund Edel benutzten Werke zu bibliographieren, sondern auch die originalen Umschlaggestaltungen abzubilden, ja womöglich auch die bibliographische Beschreibung in den Fällen, wo Autopsie möglich war, durch Annotation sinnvoll zu ergänzen.

 

Edmund Edel, Plakatgestalter, Karikaturist, Illustrator, Schriftsteller und Stummfilmregisseur, vererbte sein schriftstellerisches Talent bis hin zu seinem Enkel, den Berliner Schriftsteller Peter Edel (1921-1983). Der 1863 in Stolp in Pommern geborene Edmund Edel entstammte einer jüdischen Arztfamilie, die 1864 nach Berlin-Charlottenburg zog, wo der Vater 1869 die Charlottenburger „Privat-Irrenanstalt“ gründete. Edmund Edel wurde jedoch nicht wie vorgesehen „Koofmich“, sondern nach intensiver Kenntnisnahme des Pariser Künstlerlebens  eben Künstler! Nach dem Münchener Studium lernte er in Paris Henri Toulouse-Lautrec kennen und damit den von Toulouse-Lautrec zur Reife gebrachten neuen Plakatstil. Daraufhin hat er sich in Brüssel in einem zusätzlichen Jahr zum Lithographen ausbilden lassen. 1892 wieder in Berlin, gelang  ihm als Illustrator für die satirischen Zeitschriften „Ulk“ und „Fliegende Blätter“  der Durchbruch. Eduard Fuchs bezeichnete ihn 1906 als Deutschlands geschicktesten Reklamezeichner. Er gilt nach heutiger Einschätzung als einer der Pioniere der  deutschen Plakatkunst. Als Werbetexter wurde er stadtbekannt, als er mit einem befreundeten Kabarettisten unter zu Hilfenahme  einer nötigen Menge Alkohol folgenden  Werbespruch für eine Schuhcreme entwickelte (bitte laut vorsprechen!):

 

Womit ick mir die Stiebeln wichse? Mit Eulen-Wichse wickse ick se…

 

Nach Tätigkeiten als Kostümbildner für Ernst von Wolzogens Kabarett „Überbrettl“ und Karikaturist für das sozialdemokratische Satireblatt „Der wahre Jacob“ begann er 1903 eine erfolgreiche feuilletonistische und schriftstellerische Tätigkeit. Nach drei Jahrzehnten anerkannten Schaffens  gedachte der „Völkische Beobachter“ 1933  Edmund Edels 70.Geburtstag auf seine Weise.  Edel wurde als „Salonsemit“ (als Schriftleiter der Zeitschrift für Herrenbekleidung „Fashion“ ) beschimpft und mit den Worten, der „obszön-dekadenten Zeichnerei und Schreiberei des Edel-Juden“ müsse nicht gedacht werden, zusätzlich herabgewürdigt. Einige Monate später verstarb Edmund Edel. Seine Originalarbeiten wurden größtenteils zerstört, sein schriftstellerischer Nachlaß vernichtet.

 

Der aus dem mittelfränkischen Wittelshofen stammende Louis Lamm (1872-1944), Edmund Edels Verleger, führte in der Berliner Neuen Friedrichstrasse 61-63  einen jüdischen Verlag, in  dem er u.a. 1915 aus alten Familienpapieren ein Buch über Isak Bernhard Lamm, den ersten jüdischen Volksschullehrer in Bayern,, herausgab.

 

Nachdem sich Edel,, wie er selbst berichtete,, durch eine ganze Literatur von jüdischen Witzen durchgefressen hatte, lobt er die ältesten jüdischen Witze, weil ihre Wirkung erprobt ist und sie durch Tradition geheiligt sind, ohne jedoch auch den neuen jüdischen Witzen ihre grundsätzliche Berechtigung abzusprechen.  Das erste von ihm benannte Witzbuch sind die „Gewaltsachen“ /1/ des „Kladderadatsch“  aus den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts, im heutigen Antiquariatsbuchhandel trotz dreier Auflagen unauffindbar. Sein Lieblingswitz daraus:

Ein Jude kommt in eine Gesellschaft. „Ergebener Diener, meine Herren. Wenn ich bitten darf, hauen Se zu!“ worauf die Gäste ganz erstaunt sind und fragen, warum sie ihn schlagen sollen.

Der Jude antwortet: “Will ich Ihnen erklären. Vorgestern bin ich gewesen in einer Gesellschaft, hat man mich gefragt, was ich bin, hab’ ich gesagt: liberal. Haben Se geschrien: Haut ihn! – Bin ich gestern wieder gewesen in einer anderen Gesellschaft, haben se mich auch gefragt. Hab’ ich gesagt: ich bin konservativ. Haben se wieder geschrien: Haut ihn! – Also meine Herren, zu was das viele Gefrage? Hauen se schon zu.“ /2/

Schon auf der nächsten Seite folgt der Hinweis auf ein weiteres altes Heft mit dem schönen Titel ‚Faule Fisch und Kläpp dazu’“ /3/ von Jainkow Medinegeier.

Daß er zwei Sammlungen jüdischer Scherze aus den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts zitiert, die, wie er wohl weiß,  in judenfeindlicher Absicht herausgegeben wurden  (Itzig Veitel Stern – d. i. Hieronymos Holzschuher = Johann Freiherr von Holzschuher: „ Das Schabbesgärtle…“ und „ Gedichte, Perobeln und Schnoukes,…), erklärt uns Edmund Edel wie folgt: „In den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts fehlten in keiner jüdischen Familie die Sammlungen, die trotz der vom Herausgeber absichtlich gefärbten Tendenz ein unerschöpflicher Born jüdischen Frohsinns und natürlichen Witzes waren und wahrscheinlich die Lacher auf ihrer Seite hatten“ /4/.

 

Edmund Edel bedauert, daß viele seiner Zeitgenossen über Heinrich Heine herzogen, weil sie in ihm nicht den deutschen Dichter, sondern nur einen jüdischen Spaßmacher sahen /5/.

 

 Auch „aktuelle“ Witzbeispiele des westjüdischen Witzes finden wir bei Edel:

Auf einem Amerikadampfer stürzt der kleine Moritz zum Vater in die Kabine herein und schreit wie wahnsinnig: „Tate, um Gotteswillen, das Schiff geht unter.“

Was schreiste, ist es Dein Schiff?!“. Oder:

Der Sohn eines Rabbiners lässt sich taufen. Ein Freund des alten Herrn kommt zu diesem und sagt: „Wie konnten Sie nur zugeben, dass Ihr Herr Sohn sich hat taufen lassen? Was werden Sie zum lieben Gott sagen, wenn er Sie deshalb zur Rede stellt?“

Darauf sagt der alte Rabbiner: „Ich werde zu ihm sagen: Lieber Gott und  I h r  Herr Sohn?!“ /6/.

Zu den großen Seltenheiten der von Edmund Edel ausgewerteten Humorliteratur gehört ein in Ungarn erschienenes jüdisches humoristisches Jahrbuch /7/

 

Als eigentliche Vertreter für den Wortwitz  führt Edmund Edel „Saphir“ /8/ und seinen geistigen Erben Siegmund Haber /9/ an.

 

Edel geht auf Anekdoten über Wunderrabbis /10/ ein, verschweigt nicht die jüdische Zote /11/ und verweist auf zwei jüdische Spaßmacher, die zu enormen Bekanntheitsgrad gelangt sind: Schajke Faifer und Hersch Ostropoler /12/, die in einer von Edel benutzten Abhandlung über den jüdischen Witz besonders gewürdigt werden. Unter Hinzuziehung der „Mitteilungen zur jüdischen Volkskunde“ werden auch Beispiele alttestamentarischen Witzes angeführt /13/.

Zur Breite seines Humorbegriffes gehört die Einbeziehung der jüdischen witzigen Spruchweisheiten und Sprichwörter, deren er in reichlicher Auswahl, unter Berücksichtigung der Bernsteinschen Sammlung /14/ gedenkt. Auch die Vielzahl der im 19.Jahrhundert entstandenen Travestien auf das dichterische Werk von Friedrich Schiller entging ihm nicht /15/. Aus der jüdischen Fest- und Feiertagsfolge griff Edel das Purim-Fest und die Hochzeit als Gelegenheit für die Anbringung von Spott, Scherz und Satire heraus /16/. Die jüdische Posse hat sich dann aus den Fastnachtsspielen (Purimspielen) entwickelt /17/. Näher auf die Possen eingehend, brachte Edmund Edel das Beispiel der „Klabriaspartie“ /18/ und beurteilt im Gegensatz zu anderen das Berliner Herrnfeld-Theater mit seinen witzigen Stücken eher positiv /19/.

Ein besonderes Beispiel aus der jüdischen Presse war ihm die aus politischer Gegnerschaft zum Zionismus entstandene Witzzeitschrift „Gut Woch“ /20/. Mit der Anspielung, das man vielleicht doch in hebräischen Lettern einen „Kikeriki“ herausgeben wird, bezog er sich auf ein im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert hinein herausgegebenes erst antiklerikales dann antisemitisches Witzblatt /21/.

Ohne auf die großen Namen der deutsch-jüdischen Literatur und Humorliteratur verzichten zu wollen, wurde von Edel an Heinrich Heine, Ludwig Börne, Berthold Auerbach, David Kalisch, Siegmund Haber und Alexander Moszkowski erinnert /22/. Einige Beispiele aus der Humorliteratur werden angeführt: Siegmund Cronbachs „Onkel Jonas“ /23/, „Die Killeberger“/24/ und „Moritzchens Tagebuch“ /25/.

Keinesfalls übersehen hat Edel die Ghetto-Literatur des 19. Jahrhunderts. Hier erwähnt er, sein Buch damit abschließend, die großen Erzähler jüdischer Freuden, wie Aron Bernstein (Pseud. Aron Rebenstein),  Leopold Kompert, Karl Emil Franzos und Israel Zangwill /26/.

 

 

Anmerkungen

 

(1)             Gewaltsachen: eine Auswahl der besten jüdischen Anekdoten. Ill. V. Wilhelm Scholz.

             1. Aufl. Berlin: A. Hofmann (1866). 88 S., zahlr. Ill. 2. Aufl. nach 1870. 3. Aufl.

             1876. Oktav.

Neue Folge der Gewaltsachen. Sammlung der besten jüdischen Anekdoten. Ill. v. Wilhelm Scholz. Berlin: A. Hofmann (1876). 88 S., zahlr. Ill. Oktav.

 

(2)                Edel, Edmund: Der Witz der Juden. Berlin: Louis Lamm 1909. 60 S. Hier: S. 12/13.

(3)                Medinegeier, Jainkew: Faule Fisch und Kläpp dazu. Berlin: Eduard Bloch ca. 1867. 14 S. Klein-Oktav. Titelblatt-Xylographie a) unkoloriert, b) handkoloriert. – Gedichte und Scherze in jüdischer Mundart; 18. – Beinhaltet Gedichte, Kurzgeschichten und Witze. Sekundärliteratur: Gruschka, Roland: Von Parodien deutscher Dichtung, dem Nachleben von Isaak Euchels ‚Reb Henoch’ und anderen Lesestoffen der Berliner Juden: Die Kolportagereihe ‚Gedichte und Scherze in jüdischer Mundart’. In: Aschkenas: Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden. 13/2003, H.2. S. 485-499.

(4)                Edel, Edmund, a.a.O. S. 15. Die von Edel benutzten Sternschen Werke sind: Stern, Itzig Feitel (d.i. Holzschuher, Friedrich von): Das Schabbes-Gärtle vun unnere Leut. Chittisch Meloche. Meißen: F.W. Goedsche 1832. 1. Aufl. XVI, 207 S. 2. Aufl. 1835. 4. Aufl. Ill. XV, 173 S. Lith. Titel m. Vign., 4 lith. Tafeln. Klein-Oktav. – Tendenziöse (judenfeindliche) Travestien. Das Buch liest sich von rechts nach links. Das Pseudonym I.F. Stern wurde erst 1928 gelüftet, vgl. L. Göhring: Itzig Feitel Stern. In: Zeitschrift für Bücherfreunde. N.F. 20, 1928, S. 114 ff. Stern, Itzig Feitel: Gedichte, Perobeln unn Schnoukes fer unnere Leut: Ä Rorität poetische Parteschnur um de Kalle ihren Halvun. 4. Aufl. Meißen: F.W. Goedsche 1852. 107 S. Thaal 1. (MNE). 3. Aufl. 1832., 2. verm. Aufl. 1831. 143 S., Notenbeispiele. 7. Aufl. 1938  (Nachdruck der 4. Aufl.). Neustadt a.d. Aisch: Engelhardt 1886. VIII, 143 S. – siehe auch Anm. 17 (Eichstädt).

(5)                Ob Edmund Edel die vor seiner Veröffentlichung erschienene Schrift: Eckertz, Erich: Heine und sein Witz. Berlin: Emil Felber 1908. 196 S. Oktav. Literaturhistorische Forschungen H. XXXVI. gekannt hat, muß offen bleiben. Eine neuere Veröffentlichung untersucht die Problematik unter dem Titel: Chase, Jefferson F.: Inciting laughter: the development of „Jewish humor“ in 19th century German culture. Berlin: de Gruyter 2000. VIII, 330 S. – European cultures; 12.

(6)                Edel, a.a.O., S. 27 u. 31.

(7)                Illustriertes israelisches Jahrbuch für Ernst und Scherz. Hrsg. V. Samuel Winter. Jg.1. 1859-60  5620., Jg.2. 1860-61  5621. Tirnau, Pesth 1859-61.

(8)                M.G. Saphir (1795-1858), in Wien Theaterkritiker, in Berlin Journalist und 1827 Gründer der literarischen Gesellschaft „Tunnel über der Spree“. 1832 konvertiert zum evangelischen Glauben. Gegner von Johann Nestroys. Nachlaßverwalter wurde der Schriftsteller Friedrich Hebbel. Werkausgabe: Saphir, Moritz Gottlieb: Ausgewählte Schriften. 8.-11. Cabinets-Ausgabe in 10 Bdn. 5. Aufl. 1871. Saphir, M. G.: Meine Memoiren und anderes: mit einer biografischen Einleitung. Leipzig: Reclam 1900.

(9)                Siegmund Haber (1835-1895), jahrelang Chefredakteur des „Ulk“. Ihm folgte später Kurt Tucholsky im Amt. Haber versuchte die jüdisch-demokratische Ausrichtung des „Ulk“ wiederzubeleben. Sein Verleger Rudolf Mosse gab die Zeitschrift von 1872-1933 heraus. Fritz Enge, selbst Chefredakteur des „Ulk“, gab nach Habers Tod 1899 eine Werkauswahl heraus, die als sehr selten gilt: Haber, Siegmund: Lustiges und Listiges. Berlin: Freund & Jeckel (Carl Freund). 160 S. Oktav. – Das Werk beinhaltet 32 Kurzgeschichten. Zur Gesamtproblematik Berliner politischer Witzblätter und deren z.T. jüdischen Mitarbeiter vgl.: Koch,  Ursula: Der  Teufel in Berlin: von der Märzrevolution bis zu Bismarcks Entlassung; illustrierte politische Witzblätter einer Metropole 1848-1890. Köln: Informationspresse Leske 1991. 880 S.: zahlr. Ill., Lit.-verz. S.787-828.

(10)            Günzig, Israel: Die „Wundermänner“ im jüdischen Volk. Ihr Leben und Treiben. Antwerpen: Delplace, Koch & Co. 1921. 139 S. Oktav. – Das Buch beinhaltet Biographien führender chassidischer und kabbalistischer Repräsentanten.

(11)            (Segal, Binjamin Wolf): Proverbia Judaeorum erotica et turpia. Jüdische Sprichwörter erotischen und rustikalen Inhalts. Als Manuskript gedruckt. Wien/Berlin: Löwit 1918. 70 S. Ill. – Jüdische Liebhaberbibliothek 2. – vgl. Bernstein,… in Anmerkung 15 (Anhang: Erotica und Rustica). Neuerdings: Westheimer, Ruth u. Jonathan Mark: Himmlische Lust – Liebe und Sex in der jüdischen Kultur. Büchergilde Gutenberg 1996. 191 S. O.-Kart. Bzw.: Langer, M.D.G.: Die Erotik der Kabbala. M.e. Vorwort von Peter Orban. München: Diederichs 1989. 148 S. – Neudruck der Ausgabe Prag 1923. Farbig ill. O.-Umschlag.

(12)            Abraham Coralnik über den jüdischen Witz. In: Illustrierter jüdischer Familienkalender 1908/09. Berlin u. Leipzig: Wigand 1908. – A. Coralnik trat auf der Czernowitzer Sprachkonferenz als Anti-Jiddischist auf und für die Hebraisierung des Volkes Israel ein. Seine Essays erschienen unter dem Titel „Acron the great Divide“. 2005 erschien in New York eine von seiner Tochter herausgegebene zweibändige Werkausgabe in jiddischer Sprache. - Die Geschichten über Hersch Ostropoler sind in der Diaspora weltweit gedruckt worden. Eine erreichbare deutschsprachige Ausgabe ist Bloch: Chajim: Hersch Ostropoler. Ein jüdischer Till Eulenspiegel d. 18. Jahrhunderts, seine Geschichten und Streiche. Berlin/Wien: Benjamin Harz 1921. 130 S. Oktav.

(13)            Mitteilungen der Gesellschaft für Jüdische Volkskunde. Hrsg. V. Max Grunwald. Hamburg: Gesellschaft… 1898-1904. Mitteilungen zur jüdischen Volkskunde: Organ der Ges. f. Jüd. Volkskunde i. Hamburg u. d. Ges. f. Slg. u. Konservierung v. Kunst- u. Historischen Denkmälern des Judentums in Wien. Neue Folge. Leipzig: Kaufmann 1905-1929 (Ab 1908 entfällt „N. F.“). Zu berücksichtigen: Jahrbuch für jüdische Volkskunde. 1923-25. Weiterhin: Menorah. Jüdisches Familienblatt f. Wissenschaft, Kunst u. Literatur. Berlin-Charlottenburg 1926 (Mitt. z. jüd. Volkskunde, Jg. 29). Maßgebend zu dieser Thematik in deutscher Sprache ist:
Loewe, Heinrich: Alter jüdischer Volkshumor aus Talmud und Midrasch: Den Teilnehmern an der Jahresverslg. d. Soncino-Gesellschaft v. ihren Mitgl. i. d. Cechoslovakischen Republik als Festgabe überreicht. Reichenberg: Stiepel 1931. 84 S. Quart.

(14)            Der polnisch-jüdische Wissenschaftler Ignaz Bernstein besaß die größte Privatbibliothek zum Thema Sprichwörter. Der zweibändige Katalog umfasst 4761 Titel incl. Abb. auf 13 Taf.: Bernstein (Ignaz): Catalogue des livres paramiologiques composant la bibliotheque de Ignace Bernstein. Varsovie 1900. Reimpression 2005. 2 vol. Octave. II, 560 et IV, 650 pp. Sein Lebenswerk, aus dieser wissenschaftlich-bibliophilen Sammlung heraus entstanden, war: Bernstein, Ignaz: Jüdische Sprichwörter und Redensarten. Unter Mitwirkung von B.W. Segal. Im Anhang: Erotica und Rustica. 2. verm. u. verb. Aufl. m. gegenüberstehender Transkription, Index und Glossar. Frankfurt/M: J. Kauffmann 1908. 329, CXII S., Gr.-Oktav. – Reprint Hildesheim: Olms 1969 und Wiesbaden: Fourier 1988. sowie Dreieich: Weiss-Verlag 1988. – Die Sammlung enthält ca. 4.000 Sprichwörter. Weinreich, Uriel und Beatrice: Yiddish Language and Folklore. A Selective Bibliography for Research. ‘S-Gravenhage: Mouton & Co. 1959. 66 S. Oktav., verzeichnet unter 17. Proverbs and Proverbial Phrases (Nr. 367-377, S. 52/53) entsprechende bibliographische Hinweise, die unter 18. Humor (Nr. 384-409, S.54/55) thematisch fortgesetzt werden.

(15)            Wichtig: Freimark, Peter: Kuggel und Lokschen in Hamburg. Ein Beitrag zur jüdischen Schiller-Rezeption  im 19. Jahrhundert. In: Freimark/Lorenz/Marwedel: Judentore, Kuggel, Steuerkonten. Hamburg: Hans Christians 1983. – Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden. Bd. 9. S.169-221. Ein bislang bibliographisch nicht nachweisbares Original: Schüller’s Werke. Travestien in jüdischer Mundart. Prag: Senders und Brandeis 1869. 30 S. Oktav. – Inhalt: 1. Der untergetauchte Jüngling. (Der Taucher); 2. Der Hendschech. (Der Handschuh); 3. Der Jüngling am Parterre. (Der Jüngling am Bade); 4. Itzig’s Abschied. (Hektors Abschied); 5. Heimann Löwy zum ersten Male im Theater. (Parodie der Räuber); 6. Arje Schmul Doggenburg. (Parodie auf „Ritter Toggenburg“); 7. Das Lied von der Kuggel. (Travestie auf Schiller’s „Lied von der Glocke“); 8. Resignation. (Travestie auf Schillers „Resignation“). Bis in das 20. Jahrhundert parodierten nicht nur jüdische Schriftsteller, Humoristen und Kabarettisten Schillersche Dichtungen in bisher nicht dokumentiertem Umfang!

(16)            Vgl.: Shiper, Jgnaz: Geshikhte fun yidisher teater-kunst un drame fun die eltste tsaytn biz 1750. Warsow 1923-25. 2 vol. – Shiper, I.: Yidishe folks-dramatik. Warsaw 1928. Neuerdings: Beregovskij, Moisej (1892-1961): Purimshpili: evrejskie narodnye muzykal’no-teatral’nye predstavlenija. Biblioteka Instituta Iudaika. Red. Kolegija: L. Finberg…Kiev: Duch i Litera 2001. 646 S.: Ill. – Enthält verschiedene von B. gesammelte Fassungen von sechs Purim-Theaterstücken mit ihren Melodien aus mehreren Jahrhunderten.

(17)            Frühe jüdische und antisemitische Possen („Unser Verkehr“, S.49 ff.) einschließlich „Judendeutsches, satirisches und populäres Schrifttum (S. 218-221) verzeichnet eine in nationalsozialistischer Zeit unter antisemitischen Vorzeichen herausgegebene Bibliographie: Eichstädt, Volkmar: Bibliographie zur Geschichte der Judenfrage. Bd. I: 1750-1848 (MNE). Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt 1938. Reprint: Farnborough, Hants: Gregg International Publishers Limited Westmead 1969. 267 S. Oktav. Mit Vorsicht zu benutzen ist: Frenzel, Elisabeth: Judengestalten auf der deutschen Bühne. Ein notwendiger Querschnitt durch 700 Jahre Rollengeschichte. München: Deutscher Volksverlag 1942. 272 S. M 31 Abb. a. Taf. Oktav.

(18)            Bergmann A(dolf): Die Klabriaspartie. Wien: Theodor Daberkow’s Verlag 1904. 45 S. Kl.-Oktav. – Ab 1890 von der legendären „Budapester Orpheum-Gesellschaft“ aufgeführt, über 2.000 Vorstellungen! Jüdisches Jargontheater. In einem kleinen Leopoldstädter Kaffeehaus treffen sich Kartenspieler zur „Klabriaspartie“ unter Abhaltung witziger Dialoge. Der Jargonkomiker Heinrich Eisenbach war die Seele vom Geschäft. Vg.: Polgar, Alfred: Ja und Nein. Bd. III: Noch Allerlei Theater. Berlin: Rowohlt 1926. S. 213-215, sowie: Karl Kraus in „Fackel“ 343. Sekundärlit.: Wacks, Georg: Die Budapester Orpheumgesellschaft: ein Variete in Wien 1889-1919. Wien: Holzhausen 2002. X, 269 S. Ill. Oktav.

(19)            1890 gründeten die zum evangelischen Glauben konvertierten Brüder Herrnfeld das erste Berliner Jargon-Theater am Bahnhof Alexanderplatz. Kurt Tucholsky war begeistert, Edmund Edel verhaltener, der „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ warnte in seiner Zeitschrift “Im deutschen Reich“ vor der Unterfütterung von antisemitischen Klischees. Realität: Die Antisemitenpresse machte für jedes neue Stück Reklame! Das führte zu einem Artikel in der Zeitschrift „Jüdische Rundschau“ vom 28.8.1908 unter dem Titel „Die antisemitischen Gebrüder Herrnfeld“. Herrnfeldscher Humor ist partiell überliefert: Herrnfeld, Anton: Herrnfeld-Humor. Eine Sammlung der besten Anekdoten, Scherze und Humoresken. Berlin: Globus 1926. 176 S. Oktav. – Vornehmlich Anekdoten, Scherze, Sprüche, Humoresken, Burlesken. Kein Inhaltsverzeichnis. Mit einer kurzen Geschichte des Theaters von „M.Gr.“ (S. 6-10).

(20)            Gut Woch: „Gut’ Woch“ erscheint jeden Morgen nach Sch’beisse-Nacht. Hrsg. U. Redakteur Siegfried Meyer. Jerusalem: 1898   5658  - 1908  5668. – Antizionistische Satire-Zeitschrift, die im Folgejahr nach dem ersten Zionistenkongreß 1897 gegründet wurde.

(21)            Berg, Ottokar Franz (d.i. O.F. Ebersberg): Kikeriki. Humoristisches Volksblatt. Wien 1861-1933. Sekundärlit.: Bader, Christa: Der „Kikeriki“ unter O.F. Berg (1861-1885). Wien: Universität (Dipl.-arbeit) 1985. 84 Bl. Quart. – Der „Kikeriki“ wandelte sich vom antiklerikalem zum antisemitischen Witzblatt. Vgl.Schäfer, Julia: Vermessen - gezeichnet – verlacht: Judenbilder in populären Zeitschriften 1918-1933. Frankfurt/M.: Campus-Verlag 2005. 435 S. Ill. – Zugl.: Berlin: Techn. Universität. Diss. 2004.

(22)            Auf  Werkausgaben von H. Heine, L. Börne u. B. Auerbach ist an dieser Stelle nicht extra hinzuweisen. Zu Siegmund Haber vgl. Anm. 9. David Kalisch (1820-1871), der Begründer der Berliner Lokalposse, Vater des „Kladderadatsch“ und  exzellenter Couplet-Dichter. Kalisch, David: Lustige Werke. H. 1-5. Berlin: A. Hofmann 1870/71. – Die Hefte 1, 2 und 4 enthalten Beiträge aus dem „Kladderadatsch“, Heft 3 und 5 beinhalten ausgewählte Lokalpossen. Zu Kalisch vgl.: Deutsches Schriftsteller-Lexikon 1830-1880. Bd. I-K. Bearb. v. Herbert Jacob. Redaktor: Marianne Jacob. Berlin: Akademie-Verlag 2005. S. 216-224. Alexander Moszkowski (1851-1934) war ein deutscher Satiriker polnisch-jüdischer Herkunft und gründete die Zeitschrift „Lustige Blätter“. Autobiographie: „Das Panorama meines Lebens“. Berlin: F. Fontane 1925. 312 S. Oktav. Werkbeispiel: „Der jüdische Witz und seine Philosophie. 399 Juwelen echt gefasst von Alexander Moszkowski. Berlin: Eysler 1923. 144 S. Oktav.

(23)            Cronbach, Siegmund: Aus dem Notizbuch des Onkel Jonas. Berlin 1877. Weitere Auflagen des Buches eines Berliner Verlegers sind bekannt.

(24)            Mühsam, Siegfried: Die Killeberger: nach der Natur aufgenommen von Onkel Siegfried. Leipzig: Kaufmann 1910. – Röll, Walter: S. Mühsams „Killeberger“ als Quelle für Sprache und Brauchtum deutscher Juden im 19. Jahrhundert. In: Jiddistik-Mitteilungen. Trier: Universität 1991. 5/1991., S. 7-22. Forts.: 6/1991., S. 7-22.

(25)            Kolmar, Edgar (d.i. Karl Ettlinger, „Karlchen“): Moritzchens Tagebuch. Berlin: Louis Lamm 1908. 139 S. Oktav. – K.Ettlinger (1882-1939) war ein deutsch-jüdischer humoristischer Schriftsteller u. zeitweilig Redaktionsleiter der Jugendstilzeitschrift „Die Jugend“.

(26)            Maßgeblich für die Ghettoliteratur und ihre Autoren sind: Glasenapp, Gabriele von: Aus der Judengasse. Zur Entstehung und Ausprägung deutschsprachiger Ghettoliteratur im 19. Jahrhundert. (= Conditio Judaica, Studien und Quellen zur deutsch-jüdischen Literatur- und Kunstgeschichte. Hrsg. v. Hans-Otto Horch. Bd. 11) . Tübingen: Niemeyer 1996. VI, 320 S. Oktav. – Buchausg. d. Diss. V. 1994.  Glasenapp, Gabriele von: Ghettoliteratur: eine Dokumention zur deutsch-jüdischen Literaturgeschichte des 19. u. frühen 20. Jh. (Conditio Judaica…; 53, 54, 55). Tübingen: Niemeyer 2005. Teil 1., Rezeptionsdokumente 1. XV, 406 S. Teil 1., Rezeptionsdokumente 2. XV, S. 408-812. Teil 2., Autoren und Werke der Ghettoliteratur. XV., S. 816-1162. Lit.-verz. S. 1085-1104. Oktav.