„Der fast vergessene Homunkulus“

 

Jürgen Gottschalk

 

Dr.jur.Robert Weil (Pseudonyme: Homunkulus, Gustav Holm) wurde 1881 als Sohn des Hoflieferanten Morris Weil in Wien geboren. In der September/Oktober-Nummer 2006 der 1897 von Theodor Herzl begründeten heutigen Zeitschrift „Illustrierte Neue Welt“ wird er als „Säule des Kabaretts“ bezeichnet. Metzlers Kabarettlexikon und verschiedenste Referenzwerke und Forschungsarbeiten zur Kabarettgeschichte kennen jedoch nicht seinen Namen. Einzig Dr. Hans Veigl würdigt Weil, der u.a. mit Robert Stolz, Walter Slezak und Oskar Karlweis befreundet war, in seinen Arbeiten zur Wiener Kabarettgeschichte.
In Verlagsanzeigen des Löwit-Verlages steht der Name Homunkulus neben Kabarett-Größen, wie Fritz Grünbaum und Fritz Löhner-Beda.
Vor dem I. Weltkrieg war Weil Mitarbeiter der Wiener Satirezeitschrift „Muskete“ – einem „Simplicissimus“.Pendant. Der Durchbruch gelang ihm mit seinen köstlichen Sprachschlampereien der „Schulaufsätze des Poldi Huber“, erstmalig am 1.10.1910 zur Eröffnung des Kabaretts „Der Himmel“ vorgetragen. Die im Laufe der Jahre erschienenen Hefte erreichten eine Gesamtauflage von 7 Mio Exemplaren, so die jüngste noch lebende Tochter Robert Weils, Frau Prof. Dr. Dorrit Molony. Einzig zwei Nachkriegsausgaben wurden in Österreich verlegt. Jeweils Werkauswahlen hauptsächlich des „Poldi Huber“.
1938: Der inzwischen mittellose Weil rettete sich und seine Familie aus dem Schweizer Exil am Tage seiner Abschiebung nach Deutschland in die USA: Ein durch Upton Sinclair vermitteltes amerikanisches Affidavit traf in buchstäblich letzter Stunde ein. Er verstarb 1960 in New York. Der Sprache und Heimat beraubt, konnte er nicht mehr an seine vorherigen Erfolge anknüpfen.
Auf dieser Website werden Titel gezeigt, die in einer von D. Mollony 1989 zusammengestellten Auswahlbibliographie nicht enthalten waren. Die größtenteils excellent erhaltenen Publikationen sind von erstrangigen Künstlern der „Muskete“ (z. Bsp. Kurt Libesny) farbig ausgestattet worden.
Das ein jüdischer Autor in einem jüdischen Verlag seine Werke mit Umschlagkarikaturen versehen lässt, die heute als antisemitisch empfunden werden können, ist in der derzeitigen Forschungsliteratur wohl noch nicht thematisiert worden.
Weiterhin wird auf die Historie von Verlagen, welche Weil verlegten und zum Teil auch in Gestalt des Verlegers mit Homunkulus befreundet waren (sein Mitautor Tobias Ängstlich=
Erwin Engel=Nestroy-Verlag Wien) hingewiesen.
Robert Weils fast zärtlich-skurrilen Äußerungen über Fritz Grünbaum, seinem gleichfalls berühmten Kollegen, zeugen von einer großen kollegialen Hochachtung. Grünbaum wurde 2005 durch eine Ausstellung und eine würdige Publikation geehrt – es war sein 125. Geburtstag.