Zum Thema „Jüdischer Humor“

Seit ca. 20 Jahren trage ich Bücher, Broschüren und andere papierne Zeugnisse, wie Programme und Plakate zum Thema „Jüdischer Humor“ zusammen. ein Arbeitsgebiet, welches der (jüdischen) Volkskunde zuzurechnen ist, dessen Altvater auf dem Gebiet der jüdischen Witzforschung der in den Zwanziger Jahren in Berlin arbeitende Alter Droyanow (Drujanow, Droyanov, Drujanoff, Drojanoff) ist. Er hat danach im britischen Mandatsgebiet Palästina sein mehrbändiges Standardwerk zum jüdischen Humor in Ivrith veröffentlicht, welches Jahre später nachgedruckt wurde. Vor ihm hat der Berliner jüdische Journalist und Bibliophile Gotthilf Weisstein lebenslang eine Bibliothek aufgebaut, unter anderem mit dem Ziel, eine Geschichte des Berliner Humors bei Nachweisführung der überaus aktiven Beteiligung preußisch-jüdischer Autoren zu verfassen. Als erster stellvertretender Vorsitzende des von Fedor von Zobeltitz begründeten Berliner Bibliophilen Abend e.V. - der mit seinen vielen jüdischen Mitgliedern eine bedeutende Rolle innerhalb der deutschen Bibliophilen Gesellschaften einnahm - riss ihn der durch Diabetes verursachte Tod frühzeitig aus dem Leben, ohne diesem Ziel abschließend näher zu kommen. Lediglich einige kleinere Publikationen zeugen von diesem seinen Vorhaben. Als einer seiner gewählten Nachfolger im Amt (aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr kandidiert) gibt mir diese Website die Möglichkeit, das Projekt von Gotthilf Weisstein aufzunehmen und mit Hilfe weiterer engagierter Freunde voranzutreiben!

Außer in sogenannten versteckten Bibliographien gibt es keine umfassend und selbständig erschienene Fachbibliographie zum Thema. Somit ist das Suchen und Finden deutlich schwieriger als bei bibliografisch so gut bearbeiteten Gebieten, wie z. B.  bei Kinderbüchern.

Da es sich in der Regel um Gebrauchsliteratur handelt – der Begriff Trivialliteratur impliziert eine eher negative Aussage und wird deshalb nicht verwendet-  ist der Bestand in Bibliotheken nur sehr lückenhaft, was leider auch gerade bei zumindest in gedruckten Katalogen überlieferten Bibliotheken von jüdischen Kultusgemeinden der Fall ist. Derartige Literatur wurde offensichtlich als tertiär angesehen.

Hinzu kommt, dass Bibliothekseinbände das ursprüngliche Buchgesicht zugunsten einer haltbaren langfristigen Aufbewahrung und Nutzung zerstören. Besonders bei Broschüren, die z. T. farbig gestaltete Umschläge aufweisen, ist deren Opferung – in selteneren Fällen werden die Originalumschläge mit eingebunden – besonders bedauerlich. Die historische Bildforschung wird hier eines Teils ihres Materials beraubt, was bei früheren Judendarstellungen für die vergleichende Bildforschung besonders nachteilig ist. Ob ein Originalumschlag noch in einen Bibliothekseinband integriert wurde, erfährt man ohnehin nur nach Ausleihe, wenn diese denn überhaupt möglich ist bzw. Kopien gestattet sind. Eine Farbkopie eines farbig gestalteten Umschlages ist kaum zu erlangen und bestenfalls über einen Fotoauftrag oder Scan zu realisieren.  Für die Recherche selbst hat sich der Karlsruher virtuelle Katalog bestens empfohlen, der ja auch den worldcat integriert und die wohl beste Trefferdokumentation im weltweiten Netz der wissenschaftlichen Bibliotheken darstellt.

Frühe jüdische Witze und Anekdoten von der Französischen Revolution bis zur Reichsgründung sind sowieso fast nur aus allgemeinen Sammlungen durch Autopsie zu extrahieren.

Schwierigkeiten bei der Einordnung jüdischen Humors liegen in folgenden Zuordnungsproblemen, die mit dem Forschungsgebiet der vergleichenden Witzforschung in engem Zusammenhang stehen:

Ist es ein jüdischer jüdischer Witz oder ein von Nichtjuden oder von Konvertiten aus dem Judentum kreierter Witz?

Ist der Autor/Herausgeber jüdisch?

Ist der Verlag/Verleger jüdisch?

Ist der Witz judaisiert worden? Handelt es sich um einen ursprünglich z. B. irischen etc. Witz, der als „wandernder“ Witz eine jüdische Einkleidung erfahren hat.

Bibliographische Grundlagen zum Thema werden ebenfalls erfasst. Da es sich um versteckte Bibliographien handelt, ist eine Dokumentation im Rahmen des Urheberrechtes vorgesehen, was für die rechtliche Seite natürlich auch für alle auf dieser Website vorgestellten Dokumente zutrifft.

Eine wichtige Literaturgruppe für die Rolle des jüdischen Humors für das jüdische Alltagsleben stellt die Ghettoliteratur dar, die mit ihrem Gründungsvertreter Leopold Kompert um die Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Auch hier fehlt eine Chrestomathie über die Rolle des jüdischen Humors im Alltagsleben, wiewohl Gabriele von Glasenapp eine mustergültige Publikation zum Thema Ghettoliteratur vorgelegt hat.

Zu den schwierigen Themen, was die Materialdokumentation betrifft, zählt das jüdische Kabarett. Hier ist besonders neben Armin Berg, Fritz Grünbaum und  Dr. Fritz Löhner- Beda, Dr. Robert Weil (Homunkulus) zu erwähnen, der im Vergleich zu den Erstgenannten berühmten jüdischen Kabarettisten auf Augenhöhe stehend ein biografisch-bibliografisches Schattendasein fristet.

Weiterhin gehören auch jüdische Humoristen zum Interessengebiet, auch wenn sie als allgemeine Humoristen in Erscheinung getreten sind, ohne spezifisch jüdischen Humor praktiziert zu haben.

Jüdische Autoren, die sich mit der Theorie von Witz und Humor befasst haben, werden ebenfalls dokumentiert.

Kopien seltener Werke gehören ebenfalls zur Dokumentation.

Jüdische und „jüdische“ Theaterstücke, die als Parodien (Lessings „Nathan“) oder als Possen in die Welt traten, stellen ein besonders reizvolles Spezialthema innerhalb des Spezialgebietes „Jüdischer Humor“ dar.

Zu den problematischsten Bereichen des Themas gehören judenfeindliche/antisemitische Schriften, die sich des Witzes und des Humors als Waffe gegen das Judentum bedienen. Forscher finden hier in der Fachbibliothek des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin einen Anlaufpunkt und Studienort, sich mit der Problematik unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten auseinanderzusetzen.

Plakate, Werbemarken, Autographen etc. zum Thema stellen ein kleines, aber feines Untergebiet dar.

Periodisierung (Grundstruktur) für den deutschsprachigen Raum

-         Realien aus der Zeit vor 1789

-         Realien von 1789 bis 1848

-         Realien von 1848 bis 1871

-         Realien von 1871 bis 1918

-         Realien von 1918 bis 1933

-         Realien von 1933 bis 1945

-         Realien nach 1945
 

Geographischer Rahmen

Erfasst werden weltweit zum Thema gehörige Realien.

Die Bearbeitung erfolgt in drei Stufen:

-         Abbildung der Realien (ständig) und deren Einsortierung innerhalb der Periodisierung

-         Zum Nachweis einer bibliothekarisch-bibliothekswissenschaftlich erstellten Titelaufnahme bitte der der Abbildung der Realie entnehmbaren Titelinformationen (Verfasser, Titel-Schlagwort(e)) in die Suchfunktion des Karlsruher virtuellen Katalogs eingeben bzw. unter Button "Linkliste" den Karlsruher virtuellen Katalog heraussuchen und anzeigen lassen). Treffer anklicken, anzeigen und gegebenenfalls ausdrucken.

-         Publizistische Arbeiten über die Realien, inklusive Rezensionsnachweise, erfolgt schrittweise
 

Die Mitarbeit von Wissenschaftlern, Sammlern, Museologen, Archivaren und Bibliothekaren ist erwünscht. Per E.Mail eingereichte Abbildungen und/oder Texte werden auf Wunsch namentlich gekennzeichnet und ebenfalls auf Wunsch die Kontakt-E-Mail dokumentiert.

Eine Verlinkung ist gewünscht! Wir stellen unsererseits Links auf themenrelevante Websites nach eigener Kenntnis bzw. auf Empfehlung ein.

Anfragen bezüglich Vortrags- und Ausstellungstätigkeit können gestellt werden.

Als Schauspielerin steht Maxi Geithner und Friends der Künstlergruppierung „Les Montmartrois de Berlin“ für Kleinkunstprogramme/ Lesungen/ Musik/ Tanz zur Verfügung. Bitte benutzen Sie den hier angeführten Link zur Person und den Link zur Gruppierung! Persönliche Anfragen über E-Mail auf dieser Website bzw. maxi_geithner@yahoo.de.

Juergen Gottschalk
Diplom-Historiker