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„Jüdische Frömmigkeit und jüdischer Witz wohnen im gleichen Organ, im jüdischen Herz; und dahin führt kein Weg aus fremden Hirnen oder fremden Herzen.“

Franz Rosenzweig in: Der Mensch und sein Werk. Gesammelte Schriften Bd. 1. 1979. S. 501.

„Lachen und Humor ziehen sich durch die gesamte jüdische Literatur, angefangen bei der Thora. Sie sind in der jüdischen Tradition fest verankert. Eine allgemeingültige Formel, mit der sich die Besonderheit jüdischen Humors erklären ließe, existiert jedoch nicht. Gelehrte aus den verschiedensten Wissensgebieten führen darüber stürmische Diskussionen – „ein riesiges akademisches Fest“ findet lt. Pifko statt.“

David Fogal über einen Vortrag des Psychologen Raphael Pifko an der Universitätsbibliothek Bern

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"Daß aber die Juden insgemein so witzig sind, glauben wir ihrem, Jahrhunderte lang erlittenen Druck, zuschreiben zu müssen. Noth und Schwäche - dies lehrt uns das weibliche Geschlecht - gebären die List, und List ist Mutter des Witzes; daher man auch unter den gedrückten und dürftigen Landjuden denselben bey weitem häufiger, als bey den reichern, antrifft."

Moses Lippmann Büschenthal (1784-1818), Oberrabbiner in Berlin, in seiner Vorerinnerung zur wohl ersten jüdischen Witz- und Anekdotensammlung "Sammlung witziger Einfälle von Juden, als Beyträge zur Characteristik der Jüdischen Nation", Elberfeld 1812, S. IV.

„Was bisher an „jüdischem“ Witz in hundertfältiger Form geboten worden ist, war zum größten Teil weder jüdisch noch witzig, sondern antisemitisch und plump.“

Die Redaktion des „Schlemiel“ 1919 im Werbeprospekt für ihre zionistische Satirezeitschrift

„Der echte jüdische Witz ist Aussage des Volkes über sich selbst“

J. Klein-Haparash in: Krug und Stein. Jüdische Anekdoten. München 1961. S. 7.

„Der alte Jüdische Witz war das Elixier verstorbener jüdischer Seelen, die nur noch durch den Witz am Leben gehalten wurden.“

Ilan Weiss in: Sex am Sabbat? Moderne jüdische Witze. Berlin/Leipzig 2010. S. 6.

„Der jüdische Humor und der jüdische Witz sind fast so alt wie die Geschichte der Juden. Wenn wir die Bibel durchblättern, werden wir dort die ursprünglichen Elemente des jüdischen Witzes finden, der später in aller Welt so berühmt wurde.“

Alexander Drozdzynski in: Jiddische Witze und Schmonzes. Augsburg 2004. S. 9.

„Und dennoch entzieht sich (jüdischer – Anm. des Betreibers) Humor so hartnäckig allen Versuchen der Definition und Analyse wie Quecksilber dem Griff der Finger. Man könnte einige der vielen Wesensmerkmale jüdischen Humors aufzählen – Ironie, Wärme und Witz -, aber das würde nie an den Kern der Sache führen. . Der Versuch einer Analyse des jüdischen Humors ist wie der Versuch der Übersetzung einer beliebten jiddischen Redensart in eine andere Sprache: sie verliert bei der Übersetzung nicht nur etwas, sondern a l l e s .“

Bill Adler in: Jüdische Weisheiten – Jüdischer Witz. München 1971. S. 7.

„Dutzende Male sollte ich schon erklären, was es mit dem jüdischen Humor auf sich hat. Natürlich, er ist selbstironisch, leidgeprüft und paradox. Er sieht den Menschen als Problemfall, Gott als überfordert und die Psychiater überteuert. Aber was diesen Humor so anziehend macht, weswegen wir ihn lieben, ist seine zutiefst ermutigende Wirkung. Das Gelächter, falls es denn überhaupt welches gibt, kommt aus dem Herzen, aus dem Zentrum der Lebensplanung.“

Dani Levy in: „Jetzt mal Tacheles“. Die jüdischen Lieblingswitze von Paul Spiegel. Hrsg v. Dina und Leonie Spiegel. Düsseldorf 2009. S. 8.

Nicht jeder jüdische Witz ist geistvoll, denn nicht jeder wurde von geistigen Menschen geprägt. Viele jüdischen Witze sind lediglich dem Jargon nach jüdisch, jedoch weder typisch-jüdisch, noch typisch-geistig. Auch im jüdischen Witz gibt es die widerliche Zote, den albernen Kalauer und die primitive Verwitztheit…
Im Gegensatz zum geistig-typischen jüdischen Witz stehen zahllose der auch-jüdischen Witze, die eben keine sind. Eine weite Auslese dieser un-jüdischen Witze findet sich erstaunlicherweise immer wieder als „jüdisch“ etikettiert in vielen Anthologien. Sie reichen vom ganz einfach dummen bis zum schockierenden auch-Witz.“

Frank Arnau in: Wer nicht glaubt an Wunder ist kein Realist. Jüdische Witze. Freiburg 1966. S. 5 u. 7.

„Ohne die jahrhundertelange Beschäftigung mit talmudischer Kasuistik wäre jedoch auch der Witz der Juden kaum von jener Treffsicherheit und Hintergründigkeit, die wir so an ihm bewundern. Das Um-die-Ecke-denken, das die komische Wirkung vieler Witze ausmacht, ist zugleich eine säkularisierte Form des Talmuddisputs und seine Persiflage.
Dieses Genre der Volksliteratur, das in seiner unverwechselbaren Eigenart nur die Welt des osteuropäischen Judentums hervorbringen konnte, ist noch gar nicht so alt, wie es zunächst scheinen mag. Es ist das jüngste und jedenfalls letzte Kind der jüdischen Folklore…
Der jüdische Witz hat seinen Ursprung im Spannungsverhältnis zwischen den nach Aufklärung und sozialen Fortschritt strebenden Kräften und den konservativen, orthodoxen, reaktionären Kräften im eigenen und im fremden Lager. Dabei ist bemerkenswert, daß sich die Witze soweit sie uns überliefert sind, stets auf der Seite der Vernunft, der Menschlichkeit, des Fortschritts stellen – sie attackieren Rückständigkeit, Intoleranz, Diskriminierung, Untertanengeist, Habgier, Heuchelei, Unbildung, Unsauberkeit. In diesem Zusammenhang ist ein starkes selbstkritisches Element des jüdischen Witzes nicht zu übersehen – die Fähigkeit zur Selbstironie ist so groß, daß mithin die eigene Sache in Frage gestellt scheint (z.B. in einigen Witzen zum Thema Antisemitismus)…
Die Stunde des Witzes schlug erst, als mit dem Aufstieg des Bürgertums und der Verbreitung des Gedankenguts der Aufklärung auch die physische und geistige Befreiung der Juden aus der Enge des Gettos auf der Tagesordnung stand….
Am heftigsten war die Auseinandersetzung zwischen Altem und Neuem auf dem Gebiet der Religion und des Kultus…Die Witze bieten vielfältige Beispiele dafür, wie der einzelne die als sinnlos empfundenen Gebote und Verbote zu umgehen trachtet, wie der Zweifel an den religiösen Inhalten immer mehr um sich greift und schließlich in offenes Freidenkertum und Atheismus umschlägt.“

Jutta Janke in: Von armen Schnorrern und weisen Rabbis. Berlin 1975. Nachwort, S. 213, 214, 218-220.

„Die jüdische Volkseele ist zu tief, um von oberflächlicher Seite verstanden werden zu können. Zumeist kommen aber die Urteile gerade von solchen Seiten, die nicht in das Wesen einer Kultur überhaupt einzudringen vermögen. Außerdem wirkt der aus Jahrhunderten und sogar Jahrtausenden petrefakt gewordene Haß, der von Geschlecht zu Geschlecht überliefert wird und von vornherein jedes Urteil trübt. Auch wurzelt nichts so tief wie die Oberflächlichkeit, und so scheint das Vorurteil gegen die Juden unausrottbar. Zu solchen vorgefaßten Meinungen über Juden und Judentum gehört auch die Behauptung, daß die Juden keinen Humor besäßen. Nur kaustischen Witz und Sarkasmus will man ihnen zugestehen. Gibt es doch weite Kreise, die den Humor und das Gemüt für ihre eigene Rasse mit Beschlag belegen. Aber grade ihnen fehlt am meisten das Verständnis für gemütvollen Scherz. Sie behaupten, daß der Witz der Juden nur ätzend und zersetzend sei. Der Jude sei nur Kritiker und Sarkast. Sie kennen eben das jüdische Volk nicht. Auch wissen sie Zeiterscheinungen nicht von Charaktereigenschaften zu unterscheiden. Es gibt kaum einen Stamm, der solche Freude am Witz hat, bei dem der gemütliche Volkshumor eine solche Rolle spielt, und der so viel dazu beigetragen hat, die Stoffe der humoristischen Erzählung wie Samenkörner über die ganze Erde auszustreuen wie grade der jüdische. Zu allen Zeiten waren die Juden wegen ihres Witzes bekannt. Sie liebten immer die schlagfertige Rede, die feine Pointe, aber auch den ernsten Humor, der aus der Tiefe des Herzens quillt…
Grade der Reichtum des jüdischen Volkes an Humor und humoristischen Erzählungen hat beigetragen, es ihm möglich zu machen, die mehrtausendjährigen Qualen des Lebens unter den europäischen Kulturvölkern zu überdauern und den Schwung der Seele beizubehalten.“

Heinrich Loewe in: Alter jüdischer Volkshumor aus Talmud und Midrasch. Frankfurt am Main 1931. S. 5/6.

„Seit Jahren sind meine sämmtlichen Humoresken im Buchhandel vergriffen, doch konnte ich mich nicht entschließen eine neue Ausgabe zu edieren, da während der Antisemitenbewegung in jüdischen Kreisen wenig Sinn für Humor vorhanden war.
Aus dem verfallenden Grabe vergangener Jahrhunderte waren die grinsenden Gespenster: „Judenhaß und Judenhatz“ wieder aufgestanden und die Brandfackel der Verfolgung wurde von fanatischen Priestern und Preßbuben wieder gegen uns geschwungen; da konnte es bedenklich erscheinen, die jüd. Zustände aus Vergangenheit und Gegenwart humoristisch zu behandeln.
Doch auch dieses Phantom der Finsterniß beginnt vor der Sonne der Aufklärung zu verschwinden. Die Führer der schmachvollen Bewegung sind meistens dem Fluche der Lächerlichkeit verfallen und alle ihre Verläumdungen sind wie Spreu vor dem Winde verflogen; warum sollte da nicht auch der Humor wieder seine Stätte finden?
Unsere Voreltern in den Ghettis, die zu allen Zeiten wahrlich mehr erduldet wie wir, waren übrigens in dieser Beziehung weniger empfindlich wie die Epigonen der Neuzeit. Ein „gleich Wörtchen“, ein Bonmot fand auch in den ernsten Zeiten der Verfolgung stets dankbare Hörer.“

Lion Wolff, Herausgeber der jüdischen humoristischen Zeitschrift „Gut Woch!“, in: Gesammelte Humoresken und Kulturbilder. Leipzig (1902). S. III u. IV. – Jüdisch-humoristische Bibliothek, Bd. II.

„Unter der Unmenge von Witzen, die das Jahr über fabriziert und in Blättern und Büchern dargereicht werden, nimmt der jüdische Witz – das darf man unstreitig behaupten – den ersten Rang ein. Was dem jüdischen Witz die Führerrolle sichert und ihn allgemein Beifall finden lässt, ist sein grosser Gehalt an wirklichem Geist, seine Ironie und besonders seine Schlagfertigkeit. Ein jüdischer Witz hat „Körper“ und wirkt darum auch dann, wenn er schlecht vorgetragen wird, ein weiterer Vorzug, den er vor anderen voraus hat…
Der Rabbi oder Gelehrte, der durch eine geistreiche Erklärung, durch ein treffendes Gleichnis oder eine schlagfertige Antwort Fehler und Schwächen rügen will, haut selten daneben und hat die Lacher auf seiner Seite“.

P.J. Kohn in: Rabbinischer Humor aus alter und neuer Zeit. Eine Sammlung von Anekdoten und „guten Wörtchen“. Berlin 1915. S. 5 (Vorwort).

„Der Begriff des „Rabbinischen Humors“ hat seine Wurzel im Talmud, wo uns mitgeteilt wird, daß einer der bedeutendsten Amoräer (Ausleger), R a b b a , seine Lehrvorträge mit einem humoristischen Gedanken einleitete, der aber dann jenen Ernst zur Folge hatte, welcher für die Forschung Voraussetzung ist. Denn ,nicht Trübsal und Askese, sondern nur freudige Mizwa (Pflicht)-Stimmung ist Grundlage dafür, daß göttliche Herrlichkeit über den Menschen walten kann‘“.

Klappentext zu: P.J. Kohn: Rabbinischer Humor aus alter und neuer Zeit. Ei9ne Sammlung von Anekdoten und „Guten Wörtchen“. Basel 1961.

„Es gibt in Fachkreisen, wobei nicht ganz klar ist, um welches Fach es sich da handelt, Diskussionen darüber, ob nur die Juden so virtuose Witze über sich selbst machen können oder ob auch andere Religionen oder Volksgruppen Witze kultivieren, die die eigenen Schwächen aufs Korn nehmen.
Bei den Christen gibt es wahrscheinlich diese Autoironie, ich denke da besonders an die Filmklassiker Don Camillo und Peppone…
Also bleiben wir vorläufig dabei, dass es eine Spezialität des jüdischen Volkes und ein Charakteristikum seines Humors ist, sich seiner eigenen Schwächen auch so genüsslich bewusst zu sein…
Es gibt Berichte von Überlebenden aus den Lagern, die meinen, dass nur der Humor sie am Leben erhalten habe. Der Humor als Ressource für den ungebrochenen Überlebenswunsch. Nicht mehr lachen zu können wäre für sie so gewesen, wie das Leben verloren zu haben. So erzählt ein ehemaliger KZ-Häftling, dass die gemeinsame Latrine ohne jegliche Hygiene und Intimität dem Austausch von Neuigkeiten diente und deshalb ,Radio Tuches (Gesäß)‘ genannt worden war. Psychoanalytisch betrachtet ist der Humor ein Abwehrprozess von unerträglichen Situationen, die er zum Beispiel als Witz in eine aushaltbare Form bringt.“

Die Psychotherapeutin Elisabeth Jupiter in: No, warum nicht? Der jüdische Witz als Quelle der Lebenskunst. Wien 2010. S. 10/11.

„Wie reagieren Sarah und Abraham – sie zählt knackige neunzig Jahre, er ist ein lebensfroher Hundertjähriger - , als Jahwe ihnen die Prophezeiung macht, dass sie doch das seit Jahrzehnten ersehnte Kind bekommen werden? Sie brechen, wie im zweiten Buch Mose nachzulesen ist, in heftiges Gelächter aus und zwar dermaßen heftig, dass Abraham vor Lachen auf sein Gesicht fällt. Doch die Prophezeiung macht, wozu sie da ist und erfüllt sich. Dem rüstigen Paar wird ein Sohn geboren – Isaak, einer der Stammväter der Israeliten. Isa’ak bedeutet ,Gott möge lächeln‘.
Dadurch wird das Lachen zu einem Grundprinzip des jüdischen Volkes.“

Christof Habres, Journalist, Kunsthändler und Galerist in Wien, in: Moische, wohin fährst du?. Wien und der jüdische Witz. Wien 2010. S. 7.

„In Heines Witz spiegelt sich der ganze Heine, denn es gibt sich in ihm zu erkennen Heines Rasse, Heimat und Aufenthalt; jüdische, deutsche und gallische Art, sein bewegtes Schicksal, sein ruheloses Leben, seine Gemütsart und Denkweise. Der Witz erschliesst uns also den Künstler und Menschen Heine. Ferner: in Heines Witz spiegelt sich seine bewegte und ruhelose Zeit, das Ereignis, im weitesten Sinne, das Grossstadtleben, die politische, gesellschaftliche und literarische Umwelt des XIX. Jahrhunderts, des nachnapoleonischen Europa. Deswegen ist sein Witz ein Schlüssel für den Zustand seiner Zeit. Endlich: in Heines Witz leben auf und vermischen sich die geistigen Werte der Vergangenheit: Klassik und Romantik; die hellenische, die orientalisch-jüdische, die mittelalterlich-deutsche Welt und Weltanschauung; bestimmter: die Bibel und das Volkslied, ein Shakespeare und ein Goethe. Deswegen ist sein Witz ein Inbegriff des modernen Geisteslebens im weitesten Sinne.“

Erich Eckertz in: Heine und sein Witz. Berlin 1908. S. 1.

„Dem jüdischen Stamme ist ein Herz eigen, das in besonderem Grade sprüchwörtlich weich ist, sei es von Natur, sei es durch die Leiden, die er mehr als irgend ein anderes Volk erduldet und unter deren Wucht er das Schlechte, das in der Welt herrscht, tiefer wie irgend ein anderer empfunden hat. Aus dieser Gemütsstimmung erwuchs sein Weltschmerz, der ihn verbitterte und seine berechtigte Klage zur Satire machte, von der ganz besonders das Wort des berühmten römischen Satirikers Juvenal gilt: Facit indigatio versus. ‚Die Entrüstung schmiedet Verse‘.
Dem jüdischen Stamme hat es aber neben dieser Weichheit des Herzens nicht an dem nötigen Verstande gefehlt. ‚Alle Juden, ‚sagt ein Sprichwort; ‚haben Sechel (Geist –Anm. d. Betreibers).‘ …
Die Juden liebten von jeher humoristische Gespräche, geistreiche Witze und – wenn es galt, das Niedrige und Gemeine zu tadeln – die bitterböse Satire.“

Heinrich Gross in: Die Satire in der jüdischen Literatur. Augsburg 1908. S. 2.

„In einem Aufsatz des „Mercure de France“ über „Israel Zangwill et l’humour juif“ wird darauf hingewiesen, daß die zahlreichen jüdischen Witze und Anekdoten, die besonders in der Welt des Theaters und der Börse, sowie in akademischen und kaufmännischen Kreisen zirkulieren, durchaus nicht antisemitischen Ursprungs sind, sondern von Angehörigen der Rasse in Umlauf gesetzt wurden, deren Eigenheiten hier illustriert und deren Schwächen verspottet werden…
Den Witz hat der Jude von seinen Vätern und Urvätern geerbt. In jener Zeit, in der der Jude Gegenstand des allgemeinen Hasses und der grausamsten Verfolgung war, drang kaum ein Strahl der Sonne in das Dunkel des Ghetto, aber zwei gute Dinge fanden den Weg dahin: der Witz und das Lachen.“

Wilhelm Rullmann in: Witz und Humor. Streifzüge auf dem Gebniet des Komischen. Berlin 1910. S. 79/80.

„Dem jüdischen Stamme ist ein Herz eigen, das in besonderem Grade sprüchwörtlich weich ist, sei es von Natur, sei es durch die Leiden, die er mehr als irgend ein anderes Volk erduldet und unter deren Wucht er das Schlechte, das in der Welt herrscht, tiefer wie irgend ein anderer empfunden hat. Aus dieser Gemütsstimmung erwuchs sein Weltschmerz, der ihn verbitterte und seine berechtigte Klage zur Satire machte, von der ganz besonders das Wort des berühmten römischen Satirikers Juvenal gilt: Facit indigatio versus. ‚Die Entrüstung schmiedet Verse‘.
Dem jüdischen Stamme hat es aber neben dieser Weichheit des Herzens nicht an dem nötigen Verstande gefehlt. ‚Alle Juden, ‚sagt ein Sprichwort; ‚haben Sechel (Geist –Anm. d. Betreibers).‘ …
Die Juden liebten von jeher humoristische Gespräche, geistreiche Witze und – wenn es galt, das Niedrige und Gemeine zu tadeln – die bitterböse Satire.“

Heinrich Gross in: Die Satire in der jüdischen Literatur. Augsburg 1908. S. 2.

„Eine jüdische Kultur ohne den jüdischen Witz ist ganz unvorstellbar. Wir Juden aus Osteuropa – aus den Großstädten des Österreich-ungarischen Kaiserreiches – sind erst durch den jüdischen Witz das geworden, was wir sind. Wir bezogen daraus unser Esprit – falls wir sowas haben -, unsere Aufgeschlossenheit und Empfindlichkeit den Paradoxien des Lebens und der Gesellschaft gegenüber, unsere kritische und selbstkritische Attitude…
Die verschiedenen Schichten des Judentums machen Witze übereinander… Aber all diese von Juden gemachte ‚selbstkritische‘ und einander kritisierende Witze unterscheiden sich scharf vom antisemitischen Judenwitz…
Man soll vom jüdischen Witz keine positiven Thesen erwarten. Sein Wesen ist die Kritik, also das ‚Negative‘. Er stellt Fragen, und durch ihn werden auch Begriffe, Vorurteile, Dogmen etc. in Frage gestellt. Und man könnte auf den jüdischen Witz anwenden, was Goethe in Zusammenhang mit Lichtenberg sagte: Wo Lichtenberg eine Frage stellt, dort ist sicherlich ein ernstes Problem begraben.

Georg Nador in: Zur Philosophie des jüdischen Witzes. Northwood 1975. S. 2, 3 u. 6.

„Die polnischen Juden haben nicht nur ihre Heiligen und Gelehrten, weltabgewandte Denker und Deuter der Schrift, sie haben – sind ja eine Welt für sich – auch ihre eigenen Charlatans, ihre Witzbolde und ihre Narren.

Da drängt es mich aber mit echt polnisch-jüdischer Vermessenheit, zuvor an meine Westbrüder eine Frage zu richten: Welcher gute Deutsche – und die Juden sind es stets – kennt nicht den Namen Till Eulenspiegels? Darstellungen seiner Geschichten und Streiche sind bisher in tausenden und aber tausenden Exemplaren verbreitet worden, in vielen jüdischen Häusern befindet sich ‚Till Eulenspiegel‘ im Liebhaberexemplar.
Kennt aber jemand von euch den Namen Hersch Ostropoler?
Er war in seinem köstlichen und ergreifenden Spott Till Eulenspiegel ebenbürtig, vielleicht sogar überlegen, nur sind seine Streiche mit den Begriffen von Wohlanständigkeit eher vereinbar. Und das ist vielleicht die Ursache seines Verkanntseins.“

Chajim Bloch in: Hersch Ostropoler. Ein jüdischer Till-Eulenspiegel des 18. Jahrhunderts. Seine Geschichten und Streiche. Berlin/Wien 1921. S. 8/9.

„Wer da aber eine Stube hat, mit hellen Fenstern die nach dem Garten gehen, wer da ein offenes Herz besitzt, Weinen und Lachen in einem Sacke trägt, der nehme uns auf und erkenne, daß wir sorglos doch nicht gemein sind.
Er gehe mit den kleinen Dingern (humoristische Kabarett-Dichtungen – Anm. d. Betreibers) nicht zu strenge in’s Gericht. Im Augenblick, - für den Augenblick nur sind sie entstanden und erheben keineswegs den Anspruch als fertige Sache zu gelten. Sterben müssen sie unter der scharfen Sonde des kritischen Urteils.
Sie funkeln am hellsten im Licht der elektrischen Lampen, haben im kleinen Raum oft und oft gerührt, erheitert, gelacht und geweint und teilen eben das Schicksal all‘ dessen was so über’s Brettl ging…“

Der 1933 von einem SA-Kommando ermordete Kabarettist Hermann Chajm Steinschneider (Pseudonym Erik Jan Hanussen) im Vorwort zu seiner Erstveröffentlichung „Was so über’s Brettl ging…Poetika aus Musentempeln, die ohne Vorhang spielen. Olmütz 1915.

„Mit göttlichem Gleichmut oder teuflischem Grinsen setzt er das scharfe Messer des Witzes an die Ereignisse, an die Auswüchse, an die Tollheiten seiner Umgebung, gegen deren Angriffe sein Spott manchmal die einzige Waffe ist…
Man kann nicht sagen, daß das Alte immer das Gute ist, ebensowenig, wie das Neue immer das Gute ist, aber die ältesten Witze sind deshalb die besten, weil ihre Wirkung erprobt ist und sie durch Tradition geheiligt sind…
Das ist der Jude. Er wird sich immer ein ‚Dreh‘ geben. Nicht, daß er seinem Gegenüber heimtückisch aus dem Wege geht, er sucht immer das Hintertürchen, durch das er entschlüpfen kann, um bei passender Gelegenheit wieder von vorn hereinzukommen. Die Lebenszähigkeit des jüdischen Volkes drückt sich hierin aus. Auf der anderen Seite hilft dem Juden über das Mißvergnügen des Daseins seine kritische Veranlagung. Seit Jahrtausenden in der Weltgeschichte herumgeworfen, mußte er den Hohn und Spott der Menschen über sich ergehen lassen und es war vielleicht seine einzige Genugtuung, wenn er ins Ghetto zu seinesgleichen kam, sich mit einem Scherz all das Unangenehme abzuschütteln, was draußen ich gepackt hatte. Man kann sich wirklich wundern, das den Juden bei all der Misere der Witz nicht ausgegangen…
Eine gute Dosis Humor, ein Witz, der wie ein scharf geschliffener Dolch eine Wunde reißt, ohne weh zu tun, eine sophistische Spitzfindigkeit, eine Zote ohne grob erotische Betonung, das waren und sind des Juden Zerstreuungen, die ihn in dem harten Kampfe ums Leben begleiten…
Der Jude liebt es, sich nicht nur über die anderen lustig zu machen, sondern scheut nicht davor zurück, bei jeder Gelegenheit seine eigene Persönlichkeit zu ironisieren. Diese Selbstironie des Juden hat eine riesengrosse Masse von guten Bemerkungen und Witzen geschaffen. In den Zeiten der großen Antisemitenbewegungen mußten diese Produkte leider den Gegnern als scharfe Waffen dienen, aber trotzdem man vom Standpunkt eines Religionsjuden diese Art der Selbstverulkung nicht recht gut heißen kann, weil sie vielleicht den Andersgläubigen, den die Feinheiten unseres Stammes entgehen, ein recht schiefes Bild geben, wird man zugestehen müssen, daß gerade diese Ironisierung der eigenen Schwächen wundervolle Perlen hervorgebracht hat.“

Edmund Edel, Berliner Schriftsteller und Karikaturist, Großvater von Peter Edel, in: Der Witz der Juden. Berlin 1909. S. 3/4, 8/9, 11/12.

„Nicht alle jüdischen Volkswitze sind das, was man gewöhnlich als ‚gute Witze‘ zu bezeichnen pflegt, ebenso wie sie nicht alle ‚salonfähig‘ sind. Dafür sind sie aber alle im höchsten Maße charakteristisch. Der echte jüdische Witz zielt auf das moralische hin: Er will den Menschen bessern, bzw. ertüchtigen, oder er will schwierige Situationen in den Beziehungen der Menschen untereinander durch Humor schlichten. Er tadelt die Trägheit, den Stolz und den Zorn, die Schwerfälligkeit, Ungeschicklichkeit, vor allem aber die Dummheit und die Schwermut. Hingegen ist er eine Lobpreisung der geistreichen Schlagfertigkeit. Das Leben nimmt der Jude zwar immer ernst, nie aber so ernst, daß er darüber nicht spötteln könnte.“

Jiri Mordechai Langer (1894-1943), tschechisch-jüdischer Autor, Freund Kafkas, in: Witz und Humor im Judentum. In: Jüdischer Almanach 5686 (1925). Prag 1925. Wiederabdruck in: Walter Koschmal: Der Dichternomade. Köln: Böhlau 2010. S. 332 ff.

„Wie New York hat nun auch Berlin sein jiddisches Theater. Eine Wilnaer Wanderbühne, die den Thespiskarren auch nach Grodno, Bialystok und Warschau schob, ist in das ehemalige Herrnfeld-Theater in der Kommandantenstraße eingezogen. Hier, wo einst Budapester Zoten auf die untere Hälfte der Menschheit zu wirken suchten, wo jüdische Witze fabrikmäßig hergestellt wurden, wollen nun Ostjuden von reinem künstlerischen Wollen das jüdische Drama kultivieren. Sie sind nicht zu verwechseln mit einer jiddischen Schmiere, die seit längerer Zeit – ganz auf die Grenadierstraße eingestellt – finstere Vorstadtsäle Berlins unsicher macht.“

Felix Emmel (1888-1960), Theaterkritiker der „Preußischen Jahrbücher“, Lehrer an der Dresdener Mary-Wigman-Schule, bis 1933 Mitglied des PEN-Klubs, in: Das ekstatische Theater. Prien am Chiemsee 1924. S. 247 (Kapitel „Jüdisches Theater“)

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